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„Evolution verstehen“ – eine kritische Studie


Artikel als PDF-Datei (66 Seiten, 975 KB, Stand: 01.03.2017)

Rezension „Evolution verstehen“. 7.-9. Schuljahr, Ausgabe 2009, Markus Wilhelm Schulverlag blmv AG. Methodische, pädagogische, fachspezifische und erkenntnistheoretische Einwände

In den letzten zwei Jahrzehnten ist zunehmend die Tendenz festzustellen, dass in den gymnasialen Biologielehrmitteln in bestimmten Bereichen die Grenze der Methodik der Naturwissenschaft überschritten und damit auch das epistemologische Selbstverständnis der Naturwissenschaften angetastet wird. Die empirische Methode der Naturwissenschaft wird oft als „methodologischer Naturalismus“ bezeichnet, was aber nicht unproblematisch ist. Im Folgenden soll dieser Begriff dennoch verwendet und damit nur die Methode der Naturwissenschaft bezeichnet werden.

Mit dem Lehrmittel Evolution verstehen haben diese Grenzüberschreitungen nun auch Eingang in die Sekundarschulstufe gefunden.

Die nachfolgenden Einwände wollen aufzeigen, dass der Versuch, aus den Naturwissenschaften ein naturalistisches Weltbild abzuleiten, erkenntnistheoretisch nicht statthaft ist und nicht zuletzt die weltanschauliche Neutralität unserer Schulen gefährdet.

Zudem möchte diese Rezension exemplarisch eine tieferliegende Problematik zur Sprache bringen: Während es einerseits innerhalb der Disziplin der biologischen Forschung keine weiteren Konsequenzen zu haben scheint, wenn zwischen methodologischem und ontologischem Naturalismus nicht mehr klar unterschieden wird, so rüttelt eine solch kategoriale Gleichschaltung doch an den Grundfesten unserer Schule: Da aus den materialistisch-mechanistisch orientierten Naturwissenschaften nie geistig-pädagogische Werte abgeleitet werden können, bedeutet die schleichende Verabsolutierung des methodologischen Naturalismus auch der Beginn einer schleichenden Demontage des geistigen Fundaments unserer Schule.

In diesem Sinne möchte die vorliegende Erörterung auch darauf aufmerksam machen, dass es ein Gebot der Zeit wäre, den sich ausbreitenden ideologischen Machtanspruch gewisser biologischer Denkfabriken als pädagogische Herausforderung wahrzunehmen und öffentlich zu thematisieren.

Inhalt

  1. Einführende Gedanken
  2. Pädagogische und didaktische Prämissen
  3. Methodische und erkenntnistheoretische Einwände
  4. Fachspezifische Einwände
    D.1 Biologische Komplexität
    D.2 Prinzip Leben
  5. Theologisch-historischer Einwand
  6. Philosophisch-ideologische Einwände
  7. Pädagogisch-ethischer Einwand
  8. Abschließende Gedanken
  9. Danksagung
  10. Quellenverzeichnis
  11. Zusammenfassung der Einwände

Prämissen für den Biologieunterricht, anhand derer das Lehrmittel geprüft werden soll

  1. Der in den Naturwissenschaften geltende methodologische Naturalismus ist auch im Biologieunterricht zu respektieren; er muss jedoch der Schülerschaft als rein methodisches Instrumentarium transparent gemacht werden.
  2. Gemäß Lehrplan 21 schärft der naturwissenschaftliche Unterricht die kognitive Fähigkeit der Schülerinnen und Schüler, zwischen naturwissenschaftlichen Fakten und deren Interpretation zu unterscheiden.
  3. Der Biologieunterricht ist bezüglich verschiedener Deutungsmöglichkeiten breit angelegt und verzichtet auf enge, eingleisige Interpretation von Daten. Er ermöglicht, im Sinne der Selbstkompetenz der Schülerschaft, bei der Interpretation der Daten bzw. Fakten eigene Standpunkte einzunehmen.
  4. Der Biologieunterricht ist zwingend der weltanschaulichen Neutralität verpflichtet.
  5. Der Biologieunterricht verzichtet darauf, in naturwissenschaftlichen Grenzbereichen und zu Fragen, die über die Naturwissenschaft hinausgehen, dogmatische Aussagen zu machen.
  6. Der naturwissenschaftliche Unterricht des 21. Jahrhunderts ist sich der weltanschaulichen Umwälzungen bewusst, die die Überwindung der klassischen Physik mit sich gebracht hat.