Studium Integrale Journal - Home Studium Integrale Journal 17. Jg. Heft 2 - November 2010
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17. Jahrgang / Heft 2 - November 2010
Titelbild: Im Juli 2002 schürfte eine Sturzflut aus dem Canyon Lake (Comal County, Texas) einen tiefen Canyon innerhalb von nur 3 Tagen heraus. Dieses „geologische Labor“ ermöglicht nun sowohl aktuelle Studien im Gelände als auch Rückschlüsse auf die Entstehungsdauer vorgeschichtlicher Canyons (siehe S. 88f.).
Bild: www.swri.org/...








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Inhalt

R. Junker
Über den Ursprung der Schildkröten (Teil 2)
H. Binder
Synthetische Biologie: Leben zusammenbauen?
H. Ullrich
Evolution und Evolutionstheorien. Irrtümliche Selbstverständnisse und Fehldarstellungen naturalistischer Ursprungsmodelle

Kurzbeiträge

M. Ernst
Bildung eines Canyons  in nur 3 Tagen
M. Brandt
Neuer Australopithecus-Fund – Bindeglied zum Menschen?
R. Junker
Über den Ursprung des Insektenflügels
R. Junker
Plastizität: Quelle für evolutionär Neues?
N. Winkler
Waisengene – was Lebewesen unterscheidet

Kommentare

H. Ullrich
Die Netzhaut: Optimal konstruiert für ein scharfes Sehen
H. Binder
Fehler im menschlichen Erbgut?

Streiflichter

Stichlinge: Vorprogrammierte Variabilität?
Chemische Überreste von Archaeopteryx nachgewiesen
Konnte Archaeopteryx doch nicht aktiv fliegen?
Geologisch nicht überlieferte Lebensräume bei Burgess-Fauna
Moderne Vögel in geologisch nicht überlieferten Lebensräumen?
Älteste Krebslarve erstaunlich modern
Fledermäuse und Wale: Überraschende Konvergenz eines Proteins
Einzigartiges Merkmal von Lederschildkröten konvergent
DNA aus fossilen Eierschalen
Bienenzucht in Israel zur Zeit der biblischen Könige
Ganzkörperaugen – wie Seeigel sehen

Rezension

P. Trüb
S. M. Carroll: From Eternity to here
R. Junker
J. Fodor & M. Piattelli-Palmarini: What Darwin got wrong

Editorial

Eines der meist vorgebrachten Argumente gegen ein Schöpfungsverständnis in der Biologie ist der Verweis auf mutmaßlich schlechtes Design. Das Argument ist mindesten so alt wie Darwins epochemachendes Werk Über den Ursprung der Arten. Darin schreibt er in Kapitel 13: „Denken wir weiter darüber nach, so erfasst uns Verwunderung. Dieselbe Urteilskraft, die uns die meisten Teile und Organe als gewissen Zwecken vortrefflich angepasst erkennen lässt, sagt uns nun ebenso überzeugend, dass rudimentäre oder verkümmerte Organe unvollkommen und zwecklos sind.“ Das Vorkommen solcher Organe sei nicht überzeugend zu erklären, wenn man von einer speziellen Schöpfung ausgehe. Seine Lehre von der Abstammung mit Modifikationen erkläre dagegen den Ursprung rudimentärer Organe sehr einfach.

Die angemessene Funktionalität vermeintlicher rudimentärer Organe ist in vielen Fällen mittlerweile längst nachgewiesen. Das Argument der Unvollkommenheit und die Behauptung von evolutiv bedingten Konstruktionsfehlern, die einem Schöpfer nicht unterlaufen würden, haben sich jedoch zäh gehalten, mit immer wieder neuen Beispielen. Ein „Klassiker“ des Unvollkommenheits-Arguments ist der Aufbau der Netzhaut des Linsenauges der Wirbeltiere. Ihre inverse (umgedrehte) Lage sei mit vielen Nachteilen verbunden, jedoch vom evolutionären Werdegang her verständlich. Im Laufe der Forschung ist jedoch mehr und mehr klar geworden, dass und weshalb die Lage der Netzhaut funktionell sinnvoll ist. Zudem wurden Konstruktionsdetails entdeckt, die von den Forschern als „optimal“, „perfekt“ und „geistreich designt“ bezeichnet werden. Mittlerweile ist bekannt, wie die Bildinformationen verlustfrei die Netzhaut erreicht und dass die resultierenden Bilder klar und die Farben scharf dargestellt werden. Aber selbst diese Befunde hindern manche Wissenschaftler weiterhin nicht, von Konstruktionsfehlern beim Linsenauge zu sprechen. Henrik Ullrich erläutert und kommentiert ihre Argumentation.

Auch die Genomforschung hat dem Unvollkommenheits-Argument Nahrung gegeben. In einem bemerkenswerten Artikel in den Proceedings of the National Academy of Sciences werden genetische Ursachen für Krankheitserscheinungen beim Menschen als Argument für eine natürliche ungeplante Entstehung des menschlichen Erbguts vorgetragen und als Argument gegen Schöpfung gewertet. Bemerkenswert ist der Artikel insbesondere, weil ausgiebig theologisch argumentiert wird – in einer angesehenen naturwissenschaftlichen Fachzeitschrift. Harald Binder prüft die vorgebrachten Argumente und macht einen Vorschlag für naturwissenschaftliche Beiträge zur Diskussion um „Design-Fehler und Schöpfung“.

In den Diskussionen um „Design in der Biologie“ und „Design-Fehler“ werden häufig verschiedene Argumentationsebenen vermischt oder auch zentrale Begriffe mit verschiedenen Inhalten verwendet. Das gilt insbesondere für „Evolution“ und „Evolutionstheorie“. Mit seinem Beitrag über die unterschiedliche Verwendung dieser Begriffe plädiert Henrik Ullrich für ein kritisches Nachdenken über die erkenntnistheoretischen Grundlagen und Grenzen evolutionstheoretischer Modellierungen und für eine angemessene Präsentation ihrer tatsächlichen Erklärungspotentiale als Grundvoraussetzung für eine sachliche Auseinandersetzung. Angewendet werden kann diese Analyse im Beitrag von Reinhard Junker über neue Ideen zur Entstehung des Insektenflügels. Mehr und mehr werden die genetischen Grundlagen der Organe und Konstruktionen der Lebewesen ausfindig gemacht, so neuerdings beim Insektenflügel. Was ist damit für die Frage ihrer Entstehung gewonnen? Hier werden häufig vorschnelle und überzogene Schlussfolgerungen gezogen und notwendige Voraussetzungen von Erklärungen mit den (fehlenden) Erklärungen verwechselt.

Ein neuer Australopithecus-Fund machte Mitte des Jahres von sich reden und schaffte es bis in die Nachrichtensendungen. Gibt es mit Australopithecus sediba nun ein Bindeglied, das besser als die bisher bekannten Formen zwischen Tier und Mensch vermittelt? Michael Brandt geht in seiner Analyse des Originalartikels dieser Frage nach.

In einem geologischen Beitrag berichtet Martin Ernst von der Bildung eines 2,2 km langen und durchschnittlich ca. 7 m tiefen Canyons in Mitteltexas in nur 3 Tagen. Dieses Ereignis bietet ähnlich wie die Folgeereignisse nach dem Ausbruch des Mount St. Helens die Möglichkeit, aus unmittelbar beobachteten geologischen Vorgängen auf mögliche Abläufe in der Erdvergangenheit zu schließen. Bisher gängige Modelle müssen hinterfragt werden.

Ihre Redaktion Studium Integrale journal


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