Studium Integrale Journal - Home Studium Integrale Journal 19. Jg. Heft 1 - Mai 2012
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Enthält der genetische Code Hinweise auf Design?

von Juri van Dam

Studium Integrale Journal
22. Jahrgang / Heft 2 - Oktober 2015
Seite 79 - 84


Zusammenfassung: Die beiden kasachischen Wissenschaftler V. ShCherbak und M. A. Mkukov veröffentlichten 2013 in der referierten Zeitschrift Icarus einen Artikel unter dem Titel The „Wow! Signal“ of the terrestrial genetic code. Darin stellen sie neue Argumente vor, die die Hypothese stützen, dass der genetische Code intelligent programmiert und nicht rein zufällig entstanden sei. Obwohl die beiden Autoren anzunehmen scheinen, dass außerirdische intelligente Wesen für die Erschaffung von Leben auf der Erde verantwortlich sind, betrifft ihr Argument nicht die Frage des Urhebers des genetischen Codes, sondern beinhaltet Hinweise für intelligentes Design im genetischen Code. Hier sollen die hauptsächlichen Befunde dargestellt und erläutert werden.




Von der DNA zu Proteinen

Es ist schon lange bekannt, wie genetische Information in DNA auf bemerkenswerte Weise gespeichert und verschlüsselt wird. Vier N-Basen werden benutzt um genetische Erbinformation zu speichern: Adenin (A), Cytosin (C), Guanin (G) und Thymin (T). Das genetische Programm des Lebens ist nur mit diesen vier „Buchstaben“ geschrieben. Die Bereiche des Erbguts, die für Proteine codieren, werden als Gene bezeichnet. Drei aufeinander folgende N-Basen nennt man Codon, sie codieren für eine Aminosäure. Eine bestimmte Abfolge von Aminosäuren bildet ein Protein, dessen Seqeunz in einem entsprechenden Gen festgelegt ist. Das Argument von ShCherbak & Makukov für intelligentes Design des genetischen Codes gründet auf dem Übersetzungsschlüssel des Codes, d. h. in der Art und Weise, wie die Codons den Aminosäuren zugeordnet sind. Um das Argument für Design zu verstehen betrachten wir zunächst Abb. 1a, in der der genetische Code dargestellt ist.

Oben links sehen wir, dass das Triplett TTT für die Aminosäure Phenylalanin (Phe) codiert. Das ist jedoch nicht das einzige Codon für Phe: TTC codiert ebenfalls für Phe. Würde jedes mögliche Triplett aus den vier N-Basen spezifisch für jeweils eine andere Aminosäure codieren, so würde die Tabelle (43 =) 64 unterschiedliche Aminosäuren aufweisen. Weil jedoch verschiedene Codons teilweise dieselben Aminosäuren codieren, sind in den 64 Tripletts nur 20 Aminosäuren codiert. Darüber hinaus stehen drei Codons für das Stopp-Signal; sie stellen sicher, dass die Übersetzung in Aminosäuren an der entsprechenden Stelle abgebrochen wird (TAA, TAG und TGA).

Es ist schon länger bekannt, dass der genetische Code im Hinblick auf seine biologische Funktion optimiert ist, und zwar bezüglich Codierungsaufwand, Speicheraufwand und Fehlertoleranz. Das betrifft sowohl das Codesystem (Tripletts und vier Buchstaben) als auch die Art der Codierung (Zuordnung von Tripletts zu Aminosäuren mit optimal genutzten Redundanzen). Man kann argumentieren, dass ein Designer den Code wohl kaum hätte besser entwerfen können.

In einem Artikel mit dem ungewöhnlichen Titel „The ‚Wow! Signal‘ of the terrestrial genetic code“, veröffentlicht in der referierten Zeitschrift Icarus, stellen zwei kasachische Wissenschaftler (ShCherbak & Mkukov 2013) weitere Argumente vor, die die Hypothese stützen, dass der genetische Code intelligent programmiert und nicht rein zufällig (p-Werte < 10-13) entstanden sei. Dabei handelt es sich um Merkmale des Codes, die in keinem nachweisbaren Zusammenhang mit dessen Funktionalität stehen, also biologisch gesehen nicht notwendig sind, so dass man für deren Entstehung auch keine Selektionsvorteile anführen könnte. Die hauptsächlichen Befunde, die diese Einschätzung begründen, werden dargestellt und erläutert.

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Codon-Familien
Abb. 1: a Der genetische Code in seiner Standardform auf der DNA-Ebene. In der rechten Spalte ist die dritte Base im Triplett angegeben. b Auflistung der Aminosäuren in den ungeteilten und geteilen Codonfamilien. Aminosäuren, die in beiden Familien vorkommen, sind fett hervorgehoben.

Aus Abb. 1a geht hervor, dass die dritte N-Base für die Zuordnung zur codierten Aminosäure ohne Bedeutung sein kann. Betrachten wir z. B. die Tripletts, die mit CT- beginnen so zeigt sich, dass sie unabhängig von der dritten N-Base immer in Leucin (Leu) übersetzt werden. Wird dagegen die N-Base an der zweiten Stelle dieses Codons ausgetauscht, so hat das in jedem Fall eine Änderung der Aminosäure zur Folge. Codons, bei denen die ersten beiden N-Basen gleich sind, kann man als „Codon-Familie“ bezeichnen, sie bestimmen die Zuordnung zur Aminosäure.

Acht Codon-Familien codieren für jeweils nur eine Aminosäure: CT- für Leucin, GT- für Valin (Val), TC- für Serin (Ser), CC- für Prolin (Pro), AC- für Threonin (Thr), GC- für Alanin, CG- für Arginin (Arg) und GG- für Glycin (Gly). Diese Codon-Familien könnte man als „ungeteilte Codon-Familien“ bezeichnen.

Es gibt weitere acht Codon-Familien, die für mehr als eine Aminosäure (bzw. mehr als eine Funktion – Start, Stopp) codieren. Die Codon-Familie mit TT- codiert für Phe, wenn die dritte N-Base T oder C ist und für Leu, falls A oder G an der dritten Stelle des Tripletts stehen. Solche Codon-Familien könnte man „geteilte Codon-Familien“ nennen (Abb. 1b). Diese geteilten Codon-Familien codieren für 15 Aminosäuren und zwei Funktionen (Start und Stopp).

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Rumers Transformation

Bereits vor Jahrzehnten wurde die bemerkenswerte Tatsache festgestellt, dass die Tabelle des genetischen Codes eine perfekte Symmetrie zeigt. Jede Codon-Familie aus den geteilten Codon-Familien kann in eine ungeteilte umgewandelt werden, indem man T gegen G und C gegen A austauscht. Diese Umwandlung bezeichnet man als Rumers Transformation. Die Symmetrie ist in Abb. 1a leicht zu erkennen. Die Codon Familie TT- gehört zur Gruppe der geteilten Codon-Familien, weil sie für Phe und Leu codiert.

Wenn man TTT entsprechend der oben genannten Regel transformiert, erhält man GGG. Beginnt man mit TTT oben links in der Tabelle, erhält man nach der Transformation GGG, welches unten rechts zu finden ist. Bemerkenswert ist, dass GG- nur für eine Aminosäure codiert, also eine der acht ungeteilten Codon-Familien darstellt. Eine einfache Transformation verbindet also die geteilte TT-Familie mit der ungeteilten. Dies gilt für alle Codon-Familien: Jede ungeteilte Codon-Familie kann durch die Rumer Transformation in eine geteilte umgewandelt werden.

Diese Symmetrie ist bemerkenswert und scheint als solche keine biologische Funktion zu erfüllen. Darüber hinaus scheint die Anordnung des tabellarischen genetischen Codes die chemische Zusammensetzung der N-Basen widerzuspiegeln: A und G sind Purine, C und T dagegen Pyrimidine. Es fällt auf, dass in den geteilten Codon-Familien die codierten Aminosäuren oft mit Purinen bzw. Pyrimidinen korrelieren. Wenn z. B. die dritte N-Base der Codon Familie TT- ein Pyrimidin (C oder T) ist, dann codieren diese Tripletts für Phe, wenn es ein Purin (A oder G) ist für Leu. Rumers Transformation kann hier durch Austausch von Purinen durch Pyrimidine durchgeführt werden. (Der alternative Austausch Purin/Pyrimidin funktioniert ebenfalls, ist aber etwas komplizierter.)

Bis zu diesem Punkt wiederholen ShCherbak & Makukov nur, was bereits bekannt war. Die Sache wird aber noch auffälliger, wenn man das Augenmerk auf die 20 Aminosäuren lenkt, die zum Aufbau von Proteinen, also der grundlegenden Biopolymere verwendet werden.

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Das Molekulargewicht von Aminosäuren
Abb. 2: a Genereller Aufbau einer Aminosäure. b Aminosäure Prolin.

In der Bezeichnung „Aminosäure“ kommen die charakteristischen chemischen Eigenschaften dieser Moleküle zum Ausdruck. Jedes Molekül weist (mindestens) eine Amino- (-NH2) und (mindestens) eine Carboxylgruppe (-COOH) auf, die beide mit dem sogenannten α-C-Atom verknüpft sind (Abb. 2a). Die verschiedenen Aminosäuren unterscheiden sich durch den Rest R, die Seitenkette, die neben einem H-Atom ebenfalls mit dem α-C-Atom verbunden sind (Abb. 3 zeigt einen Überblick über R der zwanzig proteinogenen Aminosäuren). Prolin ist insofern eine Ausnahme, als die Seitenkette sich an der NH2-Gruppe zu einem Ring schließt, sie wird dadurch zu Iminogruppe -NH- und enthält ein H-Atom weniger. Dieser wichtige Unterschied wird unten weiter diskutiert.

ShCherbak & Makukov hatten die brillante Idee, die Aminosäuren nach dem Molekulargewicht anzuordnen. Sie berechneten das Molekulargewicht der jeweiligen Seitenketten der Aminosäuren. Die Grundstruktur aus α-CH2, -NH2 und -COOH weist ein Molekulargewicht von ca. 74 auf (H=1, C=12, N=14 und O=16). Für Prolin ist dieser Wert um 1 kleiner, da ein H-Atom aufgrund des im Ring integrierten -NH- (Imin) weniger vorhanden ist: 73. Die berechneten Molekülgewichte der Seitenketten sind in Abb. 3 dargestellt.

Abb. 3: Die Reste R (Seitenketten) der 20 Aminosäuren und ihre Molekülgewichte.

Nach Berechnung der Molekulargewichte wird ein erstaunliches Muster im tabellarischen genetischen Code erkennbar. Betrachten wir zuerst die 15 Aminosäuren der geteilten Codon-Familien (Abb. 1b). Die Summe aller Grundstrukturen ergibt 1110 (15 • 74). Addiert man die Molekulargewichte der Seitenketten, so ergibt sich ebenfalls 1110! Ist diese Gleichheit zufällig oder eine Besonderheit des genetischen Codes?

Bei den acht Aminosäuren der ungeteilten Codon-Familien addieren sich deren Molekulargewichte auf 925; für die Grundstrukturen 591 (7 • 74 + 73) und für die Seitenketten 334. Die Zahlen 2220, 1110 und 925 sind Vielfache von 37.

Nimmt man für Prolin eine Manipulation vor, indem man für die Grundstruktur formal ein H-Atom addiert (73 + 1 = 74) und dieses bei der „Seitenkette“ abzieht 42 - 1 = 41), dann erhält man als Summe für die Grundstruktur 591 und für die Seitenketten 333. Beide Summen sind ebenfalls Vielfache von 37.

In der Gruppe der ungeteilten Codon-Familien ergeben sich folgende auffällige Zahlenverhältnisse: Summe der Seitenketten: 333 = 37 • 32, Summe der Grundstrukturen: 592 = 37 • 42 und Summe insgesamt: 925 = 37 • 5². Damit liegt hier ein Beispiel für ein pythagoreisches Tripel vor: 32 + 42 = 52.

Die mathematischen Besonderheiten in der Codon-Tabelle, in der die Ziffer 37 regelmäßig wiederkehrt, mögen als belanglose Tatsache erscheinen. Dennoch kann man festhalten, dass darin für uns ein auffälliges Muster erkennbar ist. Ist das mehr als Zufall?

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Zusammenfassung der bemerkenswerten Besonderheiten

Wir sind also mit folgenden bemerkenswerten Besonderheiten der tabellarisch dargestellten Codons konfrontiert:

  • Geteilte und ungeteilte Codon-Familien sind ausgeglichen und durch die Rumer-Transformation miteinander verknüpft.
  • Die den Codons zugeordneten Aminosäuren bzw. Funktionen unter den geteilten Codon-Familien hängen grundsätzlich vom chemischen Aufbau der dritten N-Base (Purin/Pyrimidin) ab.
  • Die Summe der Molekulargewichte der Aminosäuren, die in den ungeteilten und geteilten Codon-Familien codiert sind, stellen Vielfache von 37 dar. Dies gilt für die Summe der Grundstrukturen und der Seitenketten.
  • In der ungeteilten Codon-Familie ergibt sich das pythagoreische Tripel aus der Summe für Grundstruktur, Seitenketten (R) und dem Gesamtgewicht der Aminosäuren.

ShCherbak & Makukov zeigen in ihrer Publikation noch weitere Besonderheiten in der Codon-Tabelle auf. Diese kurze Auswahl soll Interesse wecken, den frei verfügbaren Artikel selbst zu lesen und darüber nachzudenken.

Die Autoren jedenfalls erkennen in den genannten Beobachtungen am tabellarisch dargestellten genetischen Code, also der Zuordnung von N-Basen-Tripletts und den damit codierten Aminosäuren überzeugende Hinweise auf intelligentes Design. Die unverkennbaren Muster können nach ihrer Ansicht nur von intelligenten Wesen erkannt werden und haben keinen funktionalen oder biologischen Sinn. Weiter sehen sie im Zusammenhang mit der tabellarischen Form der 37-er Folge einen Hinweis darauf, dass der „Designer“ das Dezimalsystem benutzt hat.

Abb. 4: Die prinzipiellen Möglichkeiten, einen Code mit gleich langen Wörtern zu konstruieren. Jedes Feld repräsentiert durch die Zahl der verwendeten unterschiedlichen Buchstaben n und die Wortlänge L ein bestimmtes Codesystem. m = Anzahl der möglichen Kombinationen des Codesystems. (Nach Gitt 2002)

Das in diesem Artikel beschriebene „Wow!-Signal“ des genetischen Codes betrifft Aspekte, die allem Augenschein nach keine biologisch-funktionale Bedeutung haben. Der genetische Code scheint aber auch bezüglich funktionaler Aspekte ausgesprochen optimiert zu sein. Man kann argumentieren, dass ein Designer den Code wohl kaum hätte besser entwerfen können – ein klares Design-Indiz! Hier soll in Kurzform erklärt werden, woran sich die Optimalität des genetischen Codes zeigt (nach Junker & Scherer 2013, Abschnitt IV.8.2).

Ein Code ist eine Vereinbarung zur Codierung bzw. Decodierung von Information. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um einen Code zu definieren. Ein wichtiges Kriterium ist die Eindeutigkeit der Codierung sowie Optimierungsziele zum Beispiel bezüglich Speicherbedarf oder Fehlertoleranz. Auch den genetischen Code kann man auf seine Qualität hin untersuchen – und zwar zum einen bezüglich der Optimalität des gewählten Code-Systems (Codierung durch Tripletts aus vier Basen) und zum anderen bezüglich der Optimalität der tatsächlichen Codierung der 20 Aminosäuren (vgl. Abb. 1).

Optimalität des Codesystems

Die denkbaren Code-Systeme unterscheiden sich in erster Linie im erforderlichen Materialeinsatz und der Fehlertoleranz. In Abb. 4 sind die relevanten, prinzipiell möglichen Codesysteme aufgeführt. In den Feldern ist jeweils die Anzahl der codierbaren Symbole angegeben; sie ergibt sich aus der Wortlänge multipliziert mit der Anzahl der unterschiedlichen Buchstaben (bei der DNA sind das die N-Basen. Im Falle der genetischen Information müssen mindestens 20 Aminosäuren codiert werden. Alle Felder mit weniger als 20 codierbaren Symbolen können folglich nicht verwendet werden. Als potentiell optimale Kandidaten kommen alle Codierungssysteme entlang der eingezeichneten Grenzlinie in Frage.

Betrachten wir als nächstes die Kopiervorgänge in genetischen Systemen, so stellen wir fest, dass wegen der Komplementarität der Basen nur Codesysteme mit einer geraden Anzahl von Basen in Frage kommen. Wir können von daher den Ternärcode (Feld 3) und den Quinärcode (Feld 5) ausschließen. Von den verbleibenden Kandidaten scheidet der Binärcode mit seiner Codierung durch 5 Bit (Feld 2) aus, da seine Speicherung gegenüber dem Quaternärcode mit Tripletts um 67 % materialaufwändiger wäre als Alternative 4. Es verbleiben die Möglichkeiten 4 und 6. Zwar ist die Codierung durch Tripletts mit 4 Basen um 50 % materialaufwändiger als die Codierung mit 6 Basen durch Dubletten, jedoch wird dieser scheinbare Nachteil durch die deutlich einfachere Übersetzungsmaschinerie sowie die höhere Fehlertoleranz durch die mögliche Redundanz – insgesamt sind 64 statt 36 Symbole codierbar – übertroffen. Man kann also festhalten, dass das beim genetischen Code verwendete Codesystem zu einem hohen Grad optimal ist, wenn man Codierungsaufwand, Speicheraufwand und Fehlertoleranz gleichzeitig berücksichtigt.

Optimalität der Codierung

Der zweite Optimalitätsgesichtspunkt ist die tatsächliche Codierung der 20 Aminosäuren, d. h. die Codierungstabelle (vgl. Abb. 1). Dabei ist insbesondere wichtig, dass bei den zahlreichen Kopiervorgängen in der Zelle möglichst wenige schwerwiegende Fehler (Mutationen) auftreten. Beispiele für Fehler bei Kopiervorgängen in der Natur sind die Verwechslung einer Base bei der Replikation, beim Kopieren auf messenger-RNA (mRNA) oder die Anlagerung der falschen tRNA an die mRNA-Kopie des Gens, wodurch die falsche Aminosäure eingebaut wird. Letzterer Fehler betrifft meist die dritte Base des Tripletts (vgl. Abb. 1).

Interessanterweise nutzt der genetische Code alle verfügbaren tatsächlichen Kombinationen für die größtmögliche Redundanz bei der Codierung aus. Von den 64 möglichen Kombinationen codieren 61 für 20 Aminosäuren und die verbleibenden 3 für das Stopp-Codon. Die redundante Codierung der 20 Aminosäuren ist so angelegt, dass gerade die häufig auftretenden Fehler in der letzten Position am besten abgefangen werden. Das wird dadurch erreicht, dass die Tripletts, die sich nur in der letzten Position voneinander unterscheiden, in vielen Fällen dieselbe Aminosäure codieren (vgl. Abb. 1). Dadurch führt eine andere Nukleobase in der fehleranfälligen dritten Position nicht einmal zu einer anderen Aminosäure (zwei Tripletts, welche die gleiche Aminosäure codieren, nennt man synonym). Die vorgefundene Zuordnung scheint in dieser Hinsicht tatsächlich optimal zu sein (Freeland et al. 2003).

Entsteht durch die Veränderung einer einzelnen Position doch eine andere Aminosäure, so kann dies schwerwiegende Folgen haben, z. B. wenn dadurch eine hydrophobe (wasserabweisende) Aminosäure durch eine hydrophile (wasserlösliche) ersetzt wird. Doch auch in dieser Hinsicht scheint der Code optimiert zu sein. Untersuchungen haben gezeigt, dass nicht nur möglichst ähnliche Tripletts einer Aminosäure zugeordnet sind, sondern dass Tripletts, die sich in nur einer Position unterscheiden, häufig Aminosäuren mit zumindest ähnlichen Hydrophobie-Eigenschaften codieren.

Von Haig & Hurst (1991) durchgeführte systematische Experimente haben gezeigt, dass die Codierung beim genetischen Code gerade so beschaffen ist, dass nur zwei von 10 000 zufällig generierten Codes eine bessere Fehlertoleranz aufweisen. Neueste Studien, die weitere Eigenschaften berücksichtigen, zeigen, dass diese Zahl sogar bei einem in 1 000 000 liegt. Es scheint, dass sich die Qualität des genetischen Codes als umso besser erweist, je mehr Zusammenhänge verstanden und bei der Analyse berücksichtigt werden.

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Diskussion

Es ist schon lange bemerkt worden, dass die Zuordnung der N-Basen-Tripletts und der entsprechenden Aminosäuren im genetischen Code nicht zufällig ist, sondern optimal für das Leben. Der genetische Code ist sehr effizient für die Minimierung der Auswirkungen von Mutationen und Kopierfehlern. Selbst für den Fall, dass eine Mutation den Einbau einer anderen Aminosäure verursacht, weist diese mit hoher Wahrscheinlichkeit ähnliche physikalisch-chemische Eigenschaften wie die ursprüngliche auf (Freeman 1998; 2003).

Es sind weitere biologische bedeutsame Eigenschaften des genetischen Codes gefunden worden. So gibt es z. B. Zusammenhänge zwischen der Zuordnung der Aminosäuren und deren Biosynthesen (Taylor & Coates 1989). In der wissenschaftlichen Literatur besteht weitgehend Übereinstimmung darin, dass der genetische Code bemerkenswert effizient und einzigartig ist (vgl. Kastentext).

In ihrer Veröffentlichung liefern ShCherbak & Makukov weitere Hinweise für die nicht-zufällige Zuordnung im genetischen Code. Darüber hinaus zeigen sie, dass dieser aus ihrer Sicht unmissverständliche Indizien für intelligentes Design aufweist.

Üblicherweise erfolgen Rückschlüsse auf Design aufgrund dessen, dass ein System hochentwickelt ist oder dass die Wahrscheinlichkeit einer natürlichen Entstehung sehr gering ist. Im Blick auf den genetischen Code könnte man hier seine Effizienz und die damit verbundene minimale Fehleranfälligkeit (hoher Grad an Vollkommenheit) anführen und die extrem geringe Wahrscheinlichkeit, dass ein solches System zufällig entsteht.

Der genetische Code: bemerkenswert effizient und einzigartig.

ShCherbak & Makukov (2013) gehen jedoch einen bedeutenden Schritt weiter, sie stützen ihre Folgerungen nicht auf Wahrscheinlichkeitsabschätzungen, die in diesem Fall sehr schwierig und wenig aussagekräftig wären. Sie sprechen von erkennbaren intelligenten Signalen. Ein intelligentes Signal weist Kennzeichen auf, die nur durch Intelligenz erkannt werden können – und das sehr leicht. Diese Kennzeichen haben keine physikalische Bedeutung und existieren nur im Geist.

Das wiederholte Vorkommen von Zahlen aus der 37-er Reihe bei den kumulierten Molekulargewichten von logisch angeordneten Aminosäuren, die durch den genetischen Code festgelegt sind, hat keine biologische Funktion oder Bedeutung. Menschen haben das periodische System der Elemente entworfen und die entsprechenden Atomgewichte bestimmt. Das Periodensystem der Elemente stellt eine intelligente Anordnung dar, in der Eigenschaften der jeweiligen Elemente erkennbar werden, ohne dass alle Eigenschaften detailliert aufgeführt werden müssten. Eine solche Anordnung in einem periodischen System ist nur bedeutsam für intelligente Wesen und macht sonst keinen Sinn. In ähnlicher Weise existieren die Symmetrien und mathematischen Muster in der tabellarischen Anordnung des genetischen Codes, die nur abstrakte Ableitungen darstellen, nur im Geist. Diese Merkmale kennzeichnen Signale von intelligentem Design.

ShCherbak & Makukov sprechen von durch Intelligenz leicht erkennbaren Signalen.

Wenn man das Muster erkannt hat, kann eine intelligente Person einfach erkennen, dass Prolin trotz seiner etwas abweichenden Struktur als eine typische Aminosäure betrachtet werden sollte. Mit einer minimalen Veränderung (Harmonisierung) ist das glänzende mathematische System gerettet. Auf eine solche Harmonisierung kommt ein intelligenter Geist intuitiv, da er immer nach Verallgemeinerungen und einheitlichen Mustern sucht. Wir sprechen ja auch von 20 Aminosäuren, die am Aufbau von Proteinen beteiligt sind, obwohl Prolin eigentlich eine Iminosäure ist; wir harmonisieren häufig.

Die schönen mathematischen und nicht-mathematischen Muster in der tabellarischen Darstellung des genetischen Codes existieren ausschließlich im Geist; sie sind vorhanden, obwohl sie keine biologische Relevanz haben. Dies zeigt ein intelligentes Signal an und unterscheidet sich von einem typischen biologischen Merkmal. Die Notwendigkeit zur Harmonisierung sollte daher nicht als Schwäche des Arguments für intelligentes Design gelten, sondern als eine Stärke!

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Literatur

Freeman SJ (2003)
The case for an error minimizing standard genetic code. Origins Life Evol. Biosph. 33, 457-477.
Freeland SJ, Wu T & Keulmann N (2003)
The case for an error minimizing standard genetic code. Origins Life Evol. Biosph. 33, 457-477.
Haig D & Hurst LD (1991)
A quantitative measure of error minimization in the genetic code. J. Mol. Evol. 33, 412-417.
Gitt W (2002)
Am Anfang war die Information. Holzgerlingen.
Junker R & Scherer S (Hg, 2013)
Evolution. Ein kritisches Lehrbuch. Gießen, 7. Auflage.
ShCherbak V & Makukov MA (2013)
The “Wow! signal” of the terrestrial genetic code. Icarus 224, 228-242.
Taylor FJR & Coates D (1989)
The code within the codons. BioSystems 22, 177-187.


Studium Integrale Journal 22. Jg. Heft 2 - Oktober 2015